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  • Dr. Andrea Grünenfelder

3 Strategien um Konflikte bei der Arbeit zu entschärfen

Aktualisiert: 1. Dez. 2022

von Dr. Andrea Grünenfelder | Mediatorin bei dialog&raum Baden AG


Konflikte im Arbeits- oder Projektteam können anstrengend und zermürbend sein. Gleichzeitig kann die echte Auseinandersetzung mit dem Gegenüber in einem Streit eine grosse Entwicklungschance für alle Konfliktbeteiligten darstellen, sofern ein paar Regeln der "guten Streitkunst" beachtet werden. In diesem Beitrag erläutern wir drei erfolgreiche Strategien aus der Konfliktvermittlungspraxis.


Hatten Sie in einem Streit auch schon mal den Eindruck, als ob es Ihrem Gegenüber nur darum geht, recht zu haben? Gemäss psychologischen Erkenntnissen lösen gegenteilige Meinungen, unterschiedliche Arbeitshaltungen oder Werte und verschieden priorisierte Arbeitsabläufe starke innere Spannungszustände aus, die nach schneller Auflösung drängen (vgl. Dissonanztheorie von Festinger, 1957). Die innere Anspannung, die wir bei solchen gegensätzlichen Meinungen oder Haltungen erleben - auch "kognitive Dissonanz" genannt - ruft nach innerer oder äusserer Veränderung - entweder muss ich mich anpassen/ändern oder mein Gegenüber tut es. Da die meisten Menschen jedoch ihre eigene Haltung als mehrfach geprüft und damit als richtig wahrnehmen, ist es zunächst schwierig, den inneren Spannungszustand durch eine eigene Einstellungs- oder Verhaltensänderung aufzulösen. So ist oft die erste Reaktion, das Gegenüber verbal anzugreifen, um die andere Partei von der eigenen Meinung zu überzeugen - mit dem eigentlichen Ziel die erlebte kognitive Dissonanz aufzulösen. Es geht also nicht so sehr darum, was richtig oder falsch ist, sondern wer recht hat, denn der- oder diejenige, der/die recht hat, erlebt keine innere Anspannung mehr. So hacken Streitende oftmals so lange aufeinander ein, bis einer nachgibt - und die innere Anspannung weg ist. Der dahinterliegende Konflikt ist vielfach noch nicht gelöst.


In diesem kurzen Beitrag möchten wir alternative Wege der Konfliktbeilegung aufzeigen, die wenig mit überzeugen und nachgeben und viel mehr mit zuhören zu tun haben.


Strategie Nr.1: Spannung aushalten

Die erste Strategie ist gleichzeitig die vielleicht Schwierigste, denn die innere Spannung in einem Konflikt in einem ersten Schritt einfach zu akzeptieren und auszuhalten, kann zermürbend sein. Wie können wir uns zurücknehmen, wenn wir aus unserer Perspektive den Eindruck haben, dass unser Gegenüber falsch liegt? Ein bewusstes Innehalten und Zurücknehmen ist in diesem Schlüsselmoment des Streits zentral. Gelingt es uns, nicht sofort in die eigene Rechtfertigung zu kommen, ist das Signal an unser Gegenüber, dass wir den Grund für seine Meinung oder sein Verhalten verstehen möchten und wir üben uns darin, unsere Gegenargumente im ersten Moment zurückzuhalten. Die Wirkung ist frappant.


Strategie Nr. 2: Nachfragen

Wenn es uns gelungen ist, Strategie 1 anzuwenden, gehen wir zu Strategie 2 über. Dabei versuchen wir die innere Haltung zu stärken, dass unser Gegenüber sicherlich einen - für uns aktuell nicht ersichtlichen - Grund für seine Meinung, sein Verhalten oder seine Priorisierung hat. Wir fragen nach mit Verständnisfragen:

Was ist genau passiert? Was genau empfindest du als "respektlos", "unverschämt"(...)? Welche Themen möchtest du mit mir klären?

Gelingt es uns durch Nachfragen, unser Gegenüber ernst zu nehmen und seine Sichtweise der Situation darlegen zu können, ist die Eskalation schon fast abgewiesen.


Strategie Nr. 3: Bedürfnisse klären

Wenn wir das Gefühl bekommen, die Emotionen beruhigen sich wieder etwas, kann die Situation etwas tiefer ergründet werden. Fragen Sie nach, was die dahinterliegenden Bedürfnisse und Interesse Ihres Gegenübers sind. Oft findet dann ein Perspektivenwechsel statt und Sie verstehen tatsächlich besser, was die Beweggründe für das anfänglich unverständliche Verhaltens Ihres Gegenübers waren.

Gute Fragen für die Bedürfnisklärung können sein:

Was hättest du dir in dieser Situation gewünscht? Was brauchst du, damit die Zusammenarbeit zufriedenstellend funktioniert? Was hättest du in dieser Situation genau gebraucht? Du sagst, du brauchst Transparenz (..) - Was verbindest/meinst du genau mit "Transparenz" in dieser Situation?

Erst wenn wir in etwa verstehen, wie unser Gegenüber die Situation verstanden hat, können wir anfangen, unser eigenes Verhalten zu erklären. Dann findet im Idealfall die gegenseitige Annäherung und Lösungsorientierung statt.


Zu den Grenzen dieser Strategien: Die drei Strategien funktionieren sehr gut, wenn ein Konflikt noch nicht zu sehr eskaliert ist. Sind die Konfliktparteien bereits so zerstritten, dass jedes Wort als Angriff verstanden wird, wird auch das ernste Nachfragen als Beleidigung und Angriff verstanden. Im Alltag jedoch ist es hilfreich, sich immer wieder auf diese einfachen Hilfsmittel zu verlassen und damit kleinere Streitigkeiten entspannt lösen zu können. dialog&raum wünscht viel Gelassenheit im Umgang mit Konflikten.

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